Neue Arbeit - New Work

Der Begriff NEW WORK wurde vom Sozialphilosophen, Anthropologen und Buchautor Frithjof Bergmann geprägt und beschreibt ein Gegenmodell zum klassischen Kapitalismus.

Wesentliche Aspekte des NEW WORK Modells nach Bergmann sind:

  • Das Erkennen und Entfalten seiner eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten
  • Die Freude am Leben und auch an der Arbeit als integraler Bestandteil des Lebens
  • Weg vom Taylorismus, hin zur ganzheitlichen Produktionssystemen
  • Seinen Beitrag zum Ganzen erkennen, leisten und dadurch Wertschätzung erfahren
  • Nachhaltiger Umgang, mit sich selbst, der Unternehmung und der Umwelt

Das Modell wurde in den letzten Jahren von anderen Soziologen, Anthropologen und Philosophen aufgegriffen und weiterentwickelt. Im Zuge der Globalisierung und des Wettbewerbs um Innovationen und Arbeitskräfte hat das Thema weiter an Bedeutung gewonnen.

Damit besinnt sich Bergmann zurück auf die Ursprünglichkeit der menschlichen Bedürfnisse nach Sinnhaftigkeit, emotionaler Nähe und Verständnis des eigenen Tuns und Handelns. Bedürfnisse, welche im Laufe der Zeit immer weiter in den Hintergrund gerückt wurden.

Nach Bergmann besteht NEW WORK aus drei Säulen, die jeweils ein Drittel unserer Zeit einnehmen sollten:

1) Lohnarbeit:
Diese bleibt für die meisten Menschen ein wesentlicher Bestandteil des Lebens. Die Zeit, die wir mit ihr verbringen wird jedoch geringer, und die Arbeit selbst ändert sich auch. Zum Beispiel werden starre Hierarchien aufgelöst, Mitarbeitende können mehr mitgestalten und sich selbst bei der Arbeit weiterentwickeln.

2) Calling/Berufung:
Ziel der neuen Arbeit ist es, dass jeder seine Berufung auslebt, das macht, was er/sie wirklich, wirklich will. Es geht um Tätigkeiten, die als sinnstiftend und wertschöpfend erlebt werden und die einem in der persönlichen Entwicklung fordern. 

3) Selbstversorgung/Konsumverzicht:
In Gemeinschaftsproduktion werden leicht reparierbare, komplexe, aber langlebige Produkte hergestellt. Der Vorteil ist das gegenseitige Unterstützen mit den unterschiedlichen Skills der Individuen im Zentrum und der Austausch von Wissen beim Erlernen neuer Soziotechniken des Herstellens. Diese Prozesse unterstützen die Gemeinschaft und der Verkauf der dabei entstehenden Produkte refinanziert diese Arbeit.



Geschichtliche Entwicklung

Die rasant fortschreitende Digitalisierung, welche sich während der Corona-Pandemie nochmals stark beschleunigte, irritiert traditionell organisierte Unternehmungen, welche eine zentrale Steuerung mit fest definierten Organisations- und Kommunikationsebnen implementiert haben, zusehends. Insbesondere in Dienstleistungsgesellschaften der westlichen Welt, welche einen hohen Sozialstandard etabliert haben und über ein gutes Bildungssystem verfügen, wächst das Bedürfnis, nach selbständigem, werteorientierten und zeitlich, wie örtlich mobilem Arbeiten. 

Diese Bewegungen der Beschleunigung und Unabhängigkeit verstärken sich dabei gegenseitig. Der Versuch diesen Marktanforderungen nach stetiger Innovation, immer kürzeren Produktzyklen und sich verknappenden Personalressourcen mit präzisieren Planungs- und Steuerungsmethoden gerecht zu werden, scheitert immer öfter. Immer mehr Unternehmungen erkennen nun, dass ein Paradigmenwechsel in der Unternehmungsführung und der Unternehmungskultur notwendig ist, um diesen Herausforderungen gerecht zu werden um als Unternehmung weiter bestehen zu können. Das Gegenmodell NEW WORK von Bergmann gibt dazu wichtige Impulse, um die Neuorientierung und Neuausrichtung von traditionell organisierten Unternehmungen anzugehen.

Die Modernisierung, welche die Zeit der Manufaktur durch die Aufgabenteilung nach dem Taylor-Prinzip weitestgehend ablöste, führte in der Folge auch durch die Globalisierung zwangsläufig zu einer hohen Entkopplung der Menschen von den eigentlichen Produktionsschritten. Wurden anfangs 19. Jahrhundert die notwendigen Güter noch weitgehend lokal oder gar auf dem eigenen Hof produziert bzw. angebaut, so verschob sich diese Leistungserbringung bis Ende des 19. Jahrhunderts auf eine globale Produktionsstrasse. So werden heute Güter in China hergestellt, in der Türkei verpackt, um diese dann in West-Europa zu konsumieren.

Neben den unterschiedlichen Standorten der Leistungserbringen, meist aufgrund der unterschiedlichen Lohnniveaus, werden die Arbeiten auch nach körperlicher und geistiger Arbeit getrennt. Die dadurch erfahrene Entkopplung und Anonymisierung der beteiligten Menschen an der gesamten Produktionskette führen zu einer starken Monotonie der jeweiligen Arbeitsschritte. Diese negativen Folgen des Taylorismus auf Unternehmungen und Arbeitnehmende führte ab 1930 zu neuen Denkansätzen. Nach und nach kam es danach zu einer „humanistischen“ Öffnung in den Unternehmungsführungen, welche das Wirtschaften zunehmend als Teil des sozialen Handelns verstehen.

Durch seine Arbeit in der Automobilstadt Michigan bei General Motors erkannte Bergmann die Notwendigkeit der Abkehr vom Taylorismus und gründet 1984 das Center of New Work. In der Folge entwickelte er ein Gegenmodell besteht aus den drei Säulen Lohnarbeit, Berufung und Selbstversorgung/Konsumverzicht.

Im Zentrum steht die Frage nach dem Leben und der Arbeit, die wir wirklich, wirklich wollen (Bergmann, 2004).

Die Gedanken und Thesen von Bergmann hat Frédéric Laloux in der Folge aufgegriffen und weiterentwickelt. Er stellt es in einen evolutionären Zusammenhang und beschreibt, wie sich die Gesellschaft nicht linear, sondern in Sprüngen entwickelt.

Gemäss Laloux stehen wir gerade an einem solchen Übergang, wo sich ein völlig neues Managementparadigma entwickelt. Getrieben von den Marktanforderungen der Digitalisierung, der Produktzyklen-Verkürzung und dem stetigem Innovationsbedarf bei zunehmend limitierten Personalressourcen, erkennen immer mehr Unternehmungen das New Work auf die aktuellen Herausforderungen Antworten geben kann. Die Adaptierung dieser Antworten erfordert jedoch eine grundlegende Umstellung des heutigen Managementverständnisses und ist ein Transformationsprozess, welcher Zeit und somit Geduld braucht (Laloux, 2017).